Die Chinesen explorieren weiter im Erongo auf der Suche nach Uran. 2017 öffneten die Chinesen in Namibia den größten Urantagebau der Welt.
Die Grünen haben es geschafft und sind endlich in Deutscher Regierungsverantwortung. Die Energiewende ist voll im Gang. Die Jungs und Mädels, die sich in der Vergangenheit vor die Castortransporte gekettet haben, machen nun Politik. 2011 entgleiste Fukushima Daiichi. Die Katastrophe bestätigte ihren Kampf gegen die Atomenergie und endlich folgte der Beschluss des Bundestages zum Atomausstieg. Ende nächsten Jahres wird er vollständig umgesetzt sein. Ende 2022 werden die letzten drei Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 endgültig abgeschaltet. Mit 40 Milliarden € Steuergeld soll die Kohle 2038 folgen, die Grünen schaffen das bis 2030. Ja und die Ostseepipeline Nordstream 2 wird wohl nach grünem Willen auch noch ins Wasser fallen. Und dann wird es wieder kalt und dunkel in Deutschland?
Nach dem Ende des kalten Krieges hat der Schrecken der Atombombe etwas nachgelassen, auch wenn es hier eine deutliche Umverteilung gibt. Die meisten Länder sehen sie als politische Abschreckungswaffe, die hoffentlich nicht zum Einsatz kommt. Die Waffensysteme wurden modernisiert und reduziert. In Großbritannien beispielsweise von über 500 Sprengköpfen in den 1970er Jahren auf etwa 225 im Jahr 2020. Nach dem Brexit erklärte Boris Johnson allerdings, das Arsenal bis zum Jahr 2025 nicht wie geplant auf 180 Atomsprengköpfe zu senken, sondern wieder auf 260 anzuheben. Die USA begann 2014 mit dem "Lebensdauerverlängerungsprogramm" und erneuern die in Deutschland (Luftwaffenstützpunkt Büchel) stationierten Atomwaffen unabgesprochen mit Deutschland. Und obwohl sich die Zahl der Atomstreitkräfte - Länder, die über Atomsprengköpfe und Abschusssysteme verfügen - nur langsam ändert, entstehen gefährliche Allianzen, die Atomprogramme kooperierender Staaten unterstützen, beispielsweise Saudi-Arabien das pakistanische Atomwaffenprogramm. Die Gefahren eines Atomschlags sind noch lange nicht gebannt. Im nicht endenden Pakistan-Indienkonflikt stehen sich ebenfalls zwei Atommächte gegenüber, um nur ein Beispiel zu nennen. Mit dem Verlust der Einflussnahme der EU auf den prosperierenden pazifischen Wirtschaftsraum und dem Festhalten am antiquierten atlantischen Bündnis, wird sich auch die Sicherheitslage weiter ändern, wie nun der Ukrainekonflikt zeigt. Der Krieg zwischen dem stetigen Vorherrschaftsstreben der USA und dem Gegenentwurf Russlands wird auf dem Rücken der zerfallenden EU ausgetragen und tritt seit 22.02.2022 in eine heisse Phase.
Doch wie sieht es mit der friedlichen Nutzung der Atomenergie aus? Um das erklärte Ziel der Klimakonferenz Net-Zero bis 2050 zu erreichen, setze eine Kehrtwende im Ausbau der Atomenergie ein. Die Rolle der Kernenergie wird auf internationaler Ebene vom Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen, der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) und der Internationalen Energieagentur (IEA) anerkannt. Im Net Zero Roadbook der IEA wird eine Verdoppelung der Atomenergie bis 2050 empfohlen. Dazu muss die Lebensdauer bestehender AKW verlängert und der Neubau bis 2050 um etwa 550 GWe erhöht werden. Das ist das Fünffache der aktuellen Wachstumsrate. Bei wachsendem Energiehunger einer immer noch explodierenden Bevölkerung, soll der Ausstieg aus fossilen Rohstoffen und der Einstieg in die Wasserstoffgewinnung vorangebracht werden. Doch AKWs müssen auch sicherer werden, und das betrifft nicht nur das Design der Anlagen selbst, inklusive Schutz vor Terroranschlägen, klimatischen Extremwetterlagen oder tektonische Aktivitäten, AI-gesteuerter Löschroboter, sondern auch die Zusammensetzung der Kernbrennstoffe. Russlands Konzern TWEL hat Brennelemente mit verminderter Strahlung entwickelt.
Im September wurden drei Brennelemente mit jeweils 12 Versuchsstäben in den Block 3 des AKW Rostow geladen, als dieser aus der planmäßigen Wartung wieder in Betrieb genommen wurde. Sechs Stäbe haben eine Beschichtung aus einer Chrom-Nickel-Legierung und die anderen sechs haben eine Standard-Zirkonium-Legierung mit einer Chrombeschichtung.
Die Verwendung dieser Metalle kann die Zirkonium-Dampf-Reaktion, die bei historischen Nuklearunfällen zu explosivem Wasserstoff geführt hat, "vollständig eliminieren oder erheblich verlangsamen", sagte TWEL. Es war dieser Wasserstoff, der die Reaktorgebäude von Fukushima Daiichi erheblich beschädigte und auch zur Verschlimmerung des Unfalls von Tschernobyl beigetragen hat. Die Beseitigung dieser Möglichkeit würde eine sprunghafte Änderung der Sicherheit der meisten weltweit in Betrieb befindlichen Kernreaktoren bedeuten.
Außerdem arbeitet TWEL an der Brennstoffzusammensetzung, neben Urandioxid wird auch eine Uran-Molybdän-Legierung mit hoher Wärmeleitfähigkeit für die Herstellung der Brennstoffpellets verwendet.
Wie sieht die Entwicklung in Europa aus? Das Areva-Siemens Konsortium baut seit 2005 in Finnland an Olkiluoto 3. Inbetriebnahme war für 2009 geplant. Durch Rückschläge und Verzögerungen verlängerte sich die Zeit bis heute. Die letzten Tests laufen und ab Januar 2022 soll der EPR-Druckwasserreaktor mit 1600 MWe endlich sukzessive ans Netz gehen. Außerdem soll im Rahmen eines Vertrags von Teollisuuden Voima Oyj (TVO) und Hitachi ABB Power Grids einer der größten Batterie-Energiespeicher Europas in Olkiluoto gebaut werden. Das 90-MWe-System soll als Notstromquelle im Falle einer ungeplanten Abschaltung des EPR-Blocks dienen.
Drei weitere EPR-Systeme befinden sich im Bau: Flamanville (seit 2005) am Ärmelkanal in Frankreich, und seit 2018 Hinkley Point C1 und C2 mit 3200 MWe in Großbritannien. Großbritannien will bis 2024 aus der Kohle aussteigen.
Frankreichs Stromerzeuger EDF hat erklärt, sechs weitere EPR-Reaktoren in Frankreich bauen zu wollen. Mitte 2021 sollte der Konzern dem französischen Präsidenten einen Bericht vorlegen, der dann über den Bau der Reaktoren entscheiden wird. Während einer Reise zum Framatome-Werk Le Creusot im Dezember letzten Jahres sagte Präsident Macron, dass die endgültige Entscheidung über den Bau neuer Reaktoren spätestens 2023 getroffen werden muss, wenn der Flamanville EPR endlich in Betrieb genommen wird.
Bisher haben die Regionen Normandie (Standort Penly), Hauts de France (Standort Gravelines) und Auvergne Rhône-Alpes (mehrere aktuelle Standorte) Interesse bekundet diese Projekte umzusetzen. Sie erhoffen sich auch erhebliche positive sozioökonomische Auswirkungen (Arbeitsplätze) für ihre Regionen.
Im Koalitionsvertrag der neuen Regierung in den Niederlanden wurde der Ausbau der Kernenergie bis 2025 mit einer Unterstützung von 50 Millionen € festgelegt.
Candu Energy (Kanada) und EnergoNuclear (Rumänien) haben unter Einflussnahme der USA einen Vertrag unterzeichnet, um in Rumänien den 1991 zum Erliegen gekommen Bau der Candu-6-Druckwasserraktoren Cernavoda 3 and 4 wieder aufzunehmen. Mit Inbetriebnahme würden dann in Rumänien 36% der Energie aus Atomenergie generiert und die emissionsfreie Energie auf 66% erhöht.
In Weißrussland kamen nach der Tschernobyl-Katastrophe von 1986 die Pläne für ein AKW zum Erliegen. Inzwischen wurden in Ostravetz zwei Druckwasserreaktoren WWER-1200 vom russischen Staatskonzern Atomstroiexport gebaut. Die 2019 noch festgestellten Sicherheitsmängel wurden nachgebessert, und nachdem Ostravets 1 im Juni kommerziell ans Netz ging, von der internationalen OSART-Mission im Oktober 2021 abermals überprüft. Die Inbetriebnahme des zweiten Blocks wird nun für 2022 angestrebt.
Polen plant den Bau großer Kernreaktoren im Norden des Landes und entwickelte Umweltstudien mit Gemeinden in der Nähe von Żarnowiec und Lubiatowo-Kopalino. Um die Ziele des von der polnischen Regierung im Oktober 2020 angenommenen polnischen Atomkraftprogramms zu erreichen, hat Frankreichs EDF der polnischen Regierung den Bau von bis zu sechs EPR-Blöcken angeboten. Ein Projekt dieser Größenordnung würde 40 % des Stroms des Landes dekarbonisieren und bis zu 55 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr vermeiden, sagte EDF. Das "unverbindliche Vorabangebot" stellt eine Reihe von Optionen für Polen dar. Es beschreibt die Planung, Beschaffung und den Bau, die für vier bis sechs EPR-Blöcke an zwei oder drei Standorten erforderlich wären. Die EPR-Blöcke würden jeweils 1650 MWe produzieren.
Die US-Regierung ist ebenfalls daran interessiert, Polens Atomkraftpläne durch Westinghouse mit AP1000-Blöcken zu fördern. Westinghouse verstärkte kürzlich sein Engagement in Polen durch die Eröffnung eines regionalen Dienstleistungszentrums in Krakau.
Die USA und die Ukraine haben im September eine Absichtserklärung unterschrieben, um ihre strategische Energiepolitik zu intensivieren. Im Klartext ist geplant, das seit 1987 im Bau befindliche Kraftwerk Khmelnitsky 4 endlich mit amerikanischer Technologie fertigzustellen. Das Projekt lag seit vielen Jahren auf Eis. Vier ältere Kraftwerke sollen durch auf AP1000-Technologie basierende Kraftwerke mit einer Leistung von jeweils 1150 MWe durch Westinghouse in der Ukraine ersetzt bzw. erweitert werden. Auftragsvolumen 30 Mrd. US$. Die ukrainische Energoatom könnte die Stromversorgung zu 71 % abdecken, die Ukraine von Russland unabhängig machen und die Kohle- und Gasverstromung deutlich reduzieren.
Die Slowakei stockt ebenfalls auf: Mochovce 3 geht dieses Jahr ans Netz, und Mochovce 4 2023. Damit wird die Slowakei vom Stromimporteuer (1,1% im Jahr 2020) zum -Exporteur (9 % schon im Jahr 2022). Sind alle sechs AKW 2023 am Netz ist mit einer Leistung von 2.845 MWe zu rechnen, dazu kommen 670 MWe aus Solaranlagen und 497 MWe aus Windkraft.
Seit 2018 baut die russische Rosatom in Akkuyu an der südöstlichen türkischen Mittelmeerküste vier WWER-1200 Reaktoren im BOO-Modell (Build-Own-Operate). Der Strom wird zu großen Teilen zum Fixpreis von der Türkei abgenommen. Erst nach und nach sollen türkische Unternehmen das russische Kraftwerk übernehmen. Bei Inbetriebnahme aller vier Einheiten (geplant für 2026) sollen 10% des Energiebedarfs der Türkei gedeckt werden. Der Standort ist schlecht gewählt, da er nahe der Nordanatolischen Verwerfung liegt und Erdbeben vorprogrammiert sind.
Im Juli 2020 hat die tschechische Regierung mit dem nationalen Energieversorger ČEZ und der Projektgesellschaft Elektrárna Dukovany 2 einen Rahmenvertrag über den Bau des neuen Blocks unterzeichnet. Diese Vereinbarung zielte darauf ab, dass ČEZ eine Ausschreibung für den Reaktorlieferanten durchführt, einen Vertrag aushandelt und bis 2024 alle erforderlichen Lizenzen erhält, damit der Block 2036 in Betrieb genommen werden kann.
Insbesondere beschränken die Formulierungen des neuen Gesetzes Lieferanten für neue Kraftwerke und Wartungsdienstleistungen auf Unternehmen aus Ländern, die das Internationale Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen von 1996 unterzeichnet haben. Damit wird die russische und chinesische Industrie praktisch ausgeschlossen. Stattdessen sondiert das tschechische Industrieministerium EDF mit Westinghouse und Korea Hydro & Nuclear Power.
Und wo kommt das Uran her? Das viertgrößte Uranvorkommen der Welt nach Russland, USA und Kanada lag im Erzgebirge. Seit 1954 förderte die Wismut AG bis zur Wiedervereinigung Uran als Reparationszahlung Deutschlands an die UdSSR. Mit der Wiedervereinigung wurde der Bergbau aufgegeben. In Namibia vor den Toren Swakopmunds liegen die Rössing Mine (seit 1976 in Betrieb), und etwas weiter südlich die neue Husab Mine (Abbau seit 2017) die beiden größten Urantagebaue der Welt, die hauptsächlich China und Iran fleißig mit Uran versorgen. Ich schau mir die Gegend an. Südlich von Rössing Uranium Ltd quere ich den Swakop, der mich, wie die meisten Flussbetten, mit feinem Schwemmsand anstatt mit Wasser verwöhnt. Vor mir liegt der Welwitschia-Drive im Namib-Naukluft-Nationalpark. Hier wachsen die bis zu 2.000 Jahre alten und endemischen Welwitschias, eine kniehohe Wüstenpflanze mit zwei brettharten Blättern als Wasserkondensatoren. Die Unmengen an Wasser, die für die Tagebaue nötig sind, haben zur Austrocknung der Flüsse Swakop, Khan und Kuiseb geführt und das Wüstenklima weiter verschärft. Ob die jungen Welwitschias noch das hohe Alter ihrer Großmütter erreichen, schert die Gier des Menschen nicht. Immerhin liegt hier - nach Schließung der Wismut - das inzwischen viertgrößte und am billigsten zu fördernde Uranvorkommen der Welt und offeriert eine emissionsfreie und damit nachhaltige Verstromung entlang der neuen Seidenstraße. Immer mehr Verbotsschilder säumen den Weg durch das Naturschutzgebiet, die den Zugang verbieten: Reptile Uranium (PTY) Ltd oder Langer Heinrich Uranium (PTY) Ltd. Am Langen Heinrich wird seit 2007 von Paladin Energy Australia (75%) und CNNC Overseas Uranium Holding Ltd, eine Tochtergesellschaft der China Nuclear Corporation, die die restlichen 25% hält, Uran im viertgrößten Tagebau gewonnen. Swakop Uranium operiert die Husab-Minen und befindet sich zu 90% in chinesischer Hand, operiert durch die Taurus Minerals Ltd. of Hong Kong einer Tochtergesellschaft der China General Nuclear Power Company (CGNPC), Uranium Resources Co. Ltd. und des China-Africa Development Fund. Die Investition von CGNPC in Swakop Uranium ist eine der größten Investitionen in Namibia seit seiner Unabhängigkeit 1990 und bei weitem die größte Einzelinvestition Chinas in Afrika.
Und während in Namibia die neue Seidenstraße angekommen ist, hofft die reingewaschene deutsche Seele auf ein bisschen Wind im Herbst und ausgiebigen Sonnenschein im Sommer. Dann gibt’s feinen Ökostrom zu überteuerten Preisen. Die hungrige Industrie muss ihre Produktion noch mehr ins Ausland verlagern und Deutschland importiert Strom aus dem Ausland.
Chinas Industrie indessen boomt mit Atomstrom und die Amerikaner denken sogar noch einen Schritt weiter. Am 19.11.2021 hat die NASA in Zusammenarbeit mit dem Department of Energy (DOE) und dem Idaho National Laboratory (INL) einen Antrag eingebracht, auf dem Mond mit einem kleinen transportablen FSP-Reaktor bis 2030 eine langlebige, leistungsstarke (40 kWe) und sonnenunabhängige Stromquelle für NASA-Missionen sowie potenzielle Folgemissionen auf dem Mond zu schaffen. Dass System muss in eine Röhre von 6 Metern Länge und 4 Metern Durchmesser passen, um es auf den Mond zu transportieren. Das wäre der erste Schritt Basislager auf dem Mond und später auf dem Mars zu errichten. Und unsere Milliardenschweren Weltraumtouristen, denen ihr CO2-Ausstoß scheißegal ist, könnten sich auf dem Mond noch ein extra Tässchen Tee gönnen.
© Marcus Schütz 2021
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